Ein flirrender Sommertag, fast wie ein Trugbild. Die Luft riecht nach Wasser und dem Schatten der Bäume, Mücken schweben über der schillernden Oberfläche des Sees. In Ufernähe tummeln sich Larven und winzige silbrige Fische.
Wie eine seltene Brosche hängt die Libelle vor ihm in der Luft, zuckt vor und zurück, schwebt so nah, dass er ihren länglichen Unterleib ganz in Ruhe betrachten kann. Ein Wunderding mit vibrierenden Flügeln und Facettenaugen. Er möchte seine Entdeckung gerne der Mutter zeigen und schaut sich um, sucht sie mit seinem Blick. Da sitzt sie im Halbschatten, auf der großen Decke neben dem Picknickkorb, groß und sanft und schön und duftend. Den linken Träger des Badeanzugs hat sie heruntergestreift und gibt seiner Schwester die Brust. Das weißverschnürte Bündel hat sich festgesaugt, schlägt gierig mit der winzigen Faust gegen die rosige Brust, verschluckt sich und schreit wütend. Aber die Mutter – das ganze volle Gesicht dem strampelnen Körperchen zugewandt und nichts als Liebe darin. Ratlos wendet er sich wieder der Libelle zu. Bis seine Schwester gestillt ist, wird das Wunderding fort sein. Wenn er ruft, könnte er stören. Vielleicht ärgert sich dann die Mutter über ihn. Er möchte die Libelle fangen und den Schatz mitbringen, er möchte auch so bewundernd betrachtet werden. Aber als er nach ihr greift, erzittert sie kurz, lässt sie sich elegant sinken und saust fort über den See. Da steigt ihm eine Traurigkeit in die Kehle, sitzt dort quer und lässt sich nicht runterschlucken. Sie entweicht ihm schließlich mit einem lauten Schluchzen. Er schaut zur Mutter zurück, während ihm Tränen die Wangen herunterlaufen. Dort sitzt sie, ganz versunken in den Anblick des Babys, und weiß nichts von seinem Leid. Die Blätter der Bäume malen weiche Schatten auf ihre Haut. Entschlossen wischt er die Tränen mit dem Unterarm fort und verteilt dabei den Rotz einmal quer übers Gesicht. Da setzt er sich in Bewegung, ihr entgegen, Schritt für Schritt, barfuß über das piekende Gras. Auf einmal schießt es ihm heiß durch die Sohle, es setzt ihn auf den Hintern und unten am Fuß sieht er gerade noch den gekrümmten, schwarz-gelben Körper der Wespe.