von Sophia Thomsen
Nicht weit von dem Ort, wo die Pfeiler der alten Mühle aus dem Fluss ragen, hat Katka eine Schranke aufgestellt. Dort befindet sich die Zufahrt zum Badeplatz, Autos parken unter Buchen.
Hier schimmert das Wasser in allen Grüntönen. Die tiefe Smaragdfärbung der stillen Bassins, in denen sanft das Laichkraut wogt, geht zur Flussmitte hin in ein sprudelndes Türkis über. Inseln aus Kalktuff ragen aus den Stromschnellen. Auf manchen krallen sich Korbweiden in den porösen Stein, in den unteren Zweigen hängen noch die Algensträhnen aus den Frühjahrsfluten. Ringelnattern sonnen sich zwischen Gräsern.
Unsicher wie junge Fohlen staksen Teenager über den scharfkantigen Grund unterhalb von Katkas Haus und kühlen ihre Füße im Wasser. Eine Gruppe von Männern hat sich über eine seichte Stelle zu einem der Felsen in der Flussmitte vorgewagt. Sie sammeln noch Mut, dann springen sie, einer nach dem anderen, treiben zappelnd bis zur nächsten kleinen Insel und ziehen sich prustend am Stein hoch.
Der letzte steht noch da, hat den Arm um den Stamm der jungen Weide geschlungen und zögert.
Schließlich lässt er sich doch ins Wasser fallen, wird fortgetragen, verfehlt die günstige Stelle, greift nach dem Gras, das ihn in die Finger schneidet, rutscht ab, klammert sich an die brüchige Kalkkruste und findet keinen Halt. Strampelnd will er sich mit den Füßen hochdrücken, aber hier, wo die Strömung am stärksten ist, hat der Fluss den Stein unterhöhlt und er tritt ins Leere während es seinen Körper fortzieht. Er ringt nach Luft und schluckt Wasser. Die Badenden am Ufer haben sich aufgerichtet und schauen dem Mann zu, wie er stumm an dem Felsen um sein Leben kämpft.
Da löst sich einer aus der Erstarrung, läuft flussaufwärts am Ufer entlang und stürzt sich oberhalb des Tuffsteins ins Wasser wie jemand, der den Fluss kennt, schwimmt mit dem Strom zu der Stelle, greift den Ertrinkenden am Schopf und zerrt ihn irgendwie die wenigen Meter raus ans Ufer. Schnell schließt sich eine Wand aus braunen Rücken um den Retter und den Geretteten.
Als es nichts mehr zu sehen gibt, zerstreut sich das Grüppchen. Picknickdecken werden zusammengerollt und Thermoskannen ausgespült, ein wenig früher vielleicht als man es sonst getan hätte. Gespräche verstummen, Autotüren schlagen und allmählich leert sich der Badeplatz. Hinter dem letzten Auto senkt Katka den Schlagbaum und hängt ein schweres Schloss vor. Dann kehrt Stille ein. Reglos schweben Libellen zwischen den Schwertlilien und Schatten senken sich auf den Fluss, der jetzt ruhig und schwarz an den Pfeilern der alten Mühle vorbeifließt.
Wunderbare Geschichten. Schöner Schreibstil🌼
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Dankeschön 🙂
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